Verkostung
Helleres Gold. Viel Volumen, Struktur und eine wunderschöne Fruchtsüße im Bukett. Unbedingt ein Riedel-Bordeaux oder sogar ein Grand Palais verwenden. Viel von dem für die Lage Pettenthal so typischen Weinbergpfirsich, ein ganz klein wenig Erdbeere, etwas Kamille und etwas auf Kurkuma aufbauende Gewürze. Sehr komplex. Das Holz ist kaum merklich und kleidet den Wein sanft und unaufdringlich ein. Für einen Ausbau im neuen Tonneau ist das ganz erstaunlich. Mit Belüftung öffnet sich der Wein kontinuierlich, gewinnt immer weiter an Brillanz und entwickelt eine enorme, steinige Mineralität. Am Gaumen mit extrem viel Gewicht, hochcremiger Textur, enormer innerer Dichte, vollem Körper, einer merklichen, aber inzwischen harmonisierten und von der zarten Restsüße perfekt ausbalancierten Säure und bemerkenswerter Balance auf maximalem Niveau der Einzelkomponenten. Im Prinzip ein brutaler Fruchtcocktail in öliger Textur. Wieder viel Weinbergspfirsich, Fruchtsüße, Gewürze und Mineralität. Ein großer Wein, der seine doch ziemlich lange dauerende Embyronalphase inzwischen überwunden hat und beginnt durch die Decke zu gehen. Wir waren von diesem Wein schon immer begeistert, aber er stand lange im Schatten des Orbels. Dies tut er jetzt nicht mehr.
Robert Parker
90+ Points (The Wine Advocate End of January, 2020)
The 2015 Niersteiner Pettenthal Grosse Lage Riesling is very ripe, warm and concentrated on the nose where raisin and phenolic aromas are displayed. Lush and round on the palate, this is an off-dry, pretty „Alsatian“ Riesling with a certain sweetness, remarkable finesse and mineral freshness. Good grip and tension. There is 14% alcohol that doesn’t burn or taste bitter. 2020 – 2030. 761 bottles made. Tasted in November 2019.
Das Pettenthal
Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass das Pettenthal die wohl berühmteste und begehrteste Weinlage im deutschen Anbaugebiet Rheinhessen ist. In der Gemarkung Nierstein gelegen, ist sie im Kernbereich des sogenannten Roten Hangs eingebettet, der wiederum ein Teil der sogenannten Rheinfront darstellt. Im Norden schließt das Pettenthal an den Nackenheimer Rothenberg an und im Süden an den Hipping. Im Gegensatz zu Ölberg und Orbel mit ihrer reinen Südexposition, ist das Pettenthal – genauso wie der Hipping – nach Osten bis Südosten ausgerichtet. Nur im Süden der Lage neigt sich der Rote Hang in ein kleines Seitental nach Westen. Das Pettenthal wird hier vom Brudersberg unterbrochen und setzt sich dann nach Westen hin mit ausschließlich nach Süden geneigten Gewannen fort. Im Gesamten umfasst die Einzellage 31 Hektar Rebfläche.
Die zwischen 50 bis 170 Meter Seehöhe liegenden Weinberge weisen eine Hangneigung bis zu
70 % auf. Das Pettenthal gehört somit – neben den benachbarten Hipping und Ölberg – zu den steilsten Lagen Rheinhessens.
Als Katastername wurde das Pettenthal bereits im Jahre 1753 erstmalig erwähnt. Er geht nach der häufigsten Version auf „Pater’s Tal“ (Tal der Mönche) zurück, da sich die Lage lange Zeit in kirchlichem Besitz befand. Außerdem werden als Ursprung der Vorname „Peter“ sowie die hier früher häufig an den oben am Hang gelegenen Quellen und Sumpflöchern vorkommenden Kröten genannt (Petten ist eine lokale Bezeichnung für Kröten).
Die Böden bestehen aus feinkörnigem rotem Tonschiefer, dem sogenannten Rotliegenden, das sich über die Zeit aus kalkreichen, vor über 250 Millionen Jahren entstandenen Ton-, Schluff- und Sandsteinen entwickelt hat. Dieser recht gut durchlüftete Boden ist zwar kein guter Wasserspeicher, dafür aber reich an Nährstoffen, speziell Eisenmineralen. Die Eisenbestandteile sind für die rote Färbung des Bodens verantwortlich, die wiederum Namensgeber für den Begriff Roter Hang ist. In den flachen Teilen unten am Rhein besteht der Boden auch aus Schwemmland und tonigem Lehm, wobei das letzte (flache) Gewann vor dem Rhein nur namensrechtlich, aber nicht qualitativ, zum Pettenthal gehört.
Keine andere Lage bietet derartig vielfältige und extreme Voraussetzungen zum Weinbau wie das Pettenthal: Steilhänge mit wasserführenden Schichten, zerklüftete Hitzekammern, nackter Rotschieferfels und direkte Besonnung bis weit in die Abendstunden hinein. Diese Extrembedingungen sind die Voraussetzungen für extreme Weine. Durch die hohe Reife der Trauben, den Einfluss des Rheins und die direkte Wirkung des Roten Schiefers auf die Reben, die nicht – wie in anderen Lagen – durch eine Humusunterlage gedämpft wird, entstanden hier schon immer mächtige Weine. Früher trat bei den besten Weinen die Frucht zugunsten von Tabak- und Kräuternoten in den Hintergrund, sodass die Pettenthaler auch gerne als die Burgunder unter den Rieslingen bezeichnet wurden. Heutzutage – im Zeichen des Klimawandels – glauben wir, dass wir das Pettenthal mit einem Wort charakterisieren können: Intensiver Weinbergspfirsich und zwar bis hin zu einer fast schon „kitschigen“ Form.
Der Jahrgang 2015
Nach einem wolkenverhangenen, eher milden Winter, begann der Frühling mit durchschnittlichen Temperaturen, aber viel Sonnenschein, etwas später als erwartet. Der Sommer dagegen zog sehr früh ins Land und war – vor allem im Juni – sehr heiß und extrem trocken. Zur Erntezeit im Spätsommer hofften wir zwar vergeblich auf eine stabile Hochdruckwetterlage, es blieb jedoch sehr trocken und recht warm. Der Oktober zeigte sich dann bedeckt, aber wenig wechselhaft.
Bei uns war 2015 ein problemloses Jahr, das zu Weinen mit hoher physiologischer Reife, bei gleichzeitig markanter Säurestruktur, geführt hat. Da es sich um unseren ersten Jahrgang handelt, fehlt der interne Vergleich im Weingut. Generell gesehen kann 2015 jedoch – entsprechendes Wissen und Sorgfalt vorausgesetzt – als ein Jahrgang gelten, der selbst aus der Vielzahl der guten bis exzellenten Jahrgänge der letzten Jahre herausragt.