Die Weine aus unserer Grand-Cru-Lage Hipping bauen auf Curcuma, gelben Gewürzen und Gewürzlade auf, die in eine opulente, komplexe, tiefe und mineralisch-kristalline Struktur gepackt sind. In 2018 haben wir unseren bisher trockensten Hipping gemacht und vielleicht gilt er deshalb bei manch Einem, der ihn schon verkosten konnte, als einer unserer besten Weine bisher. Dem widersprechen wir nicht, aber wir finden, dass die Konkurrenz in den eigenen Reihen groß ist. Und eine Entscheidung zwischen unseren Weinen fällt uns immer sehr schwer, da man ja alle seine Kinder lieb hat.
Unsere Parzellen im Hipping
Im Hipping hatten wir bis 2020 nur zwei Parzellen, den 1.422 m2 großen Steilhang und das 1.564 m2 große Kernstück im Gewann darunter. Der Katastername des Steilhangs ist Obere Kehr und der des Kernstückes Untere Kehr. Die mittlere Hangneigung des Steilhangs beträgt 56,1 % – damit ist er unsere steilste Lage im Weingut – und die des Kernstücks 17,1 %. Unseren Hipping finden Sie, wenn Sie vom Parkplatz an der Bundesstraße B9 in Richtung des großen Lagenschildes Hipping schauen. Die Lagen befinden sich dann rechterhand ca. 50 m entfernt darunter.
Unser Steilhang besteht aus insgesamt 20 Zeilen, von denen sich 9 Zeilen links vom Regenablaufbach befinden und 11 Zeilen rechts davon. Die Reben wurden 1985 gepflanzt und haben jetzt die 40 Jahre überschritten, ab denen man von Alten Reben sprechen kann. Die 17 Zeilen in unserem Kernstück sind sogar noch ein Jahr älter, wurden also 1984 in gepflanzt.
Im Jahr 2020 haben wir dann noch eine kleine Parzelle von 697 m2erworben, die im ursprünglichen Kern des Hippings liegt und deren Katastername ebenfalls auf Hipping lautet. Sie ist damit sozusagen ein Hipping-Hipping. Kurios ist, dass dieser Fakt nicht daran hindert, in unmittelbarer Nähe, links über unserem Estate-Hipping, ein Ölberg-Lagenschild aufzustellen. Auch wenn über unserem Hipping, laut Lagenkarte, der Ölberg beginnt, finden wir das ein wenig verwirrend, da der eigentliche Ölberg in Süd-Süd-Ost Lage rechter Hand im Tal in Richtung Schwabsburg liegt. Der Teil über dem Ölberg-Schild ist nur ein kleiner Ausläufer des Ölbergs. Aber wie auch immer, seit 2021 haben wir auch eine kleine Parzelle im Ölberg über diesen Lagenschild und damit verfügen wir über zwei weitere Parzellen, die sich in direkter Nähe eines Lagenschildes befinden.
Auch wenn der Hipping eine reine Ostlage ist, hat er dennoch ein warmes Mikroklima. Sie können dies selbst erfahren, wenn sie am Abend im Sommer vom Hipping rechts ins Tal in den Ölberg wandern und dann in unseren Orbel. Während es im Hipping herrlich warm ist, wird es zum Ölberg hin ein gutes Stück kühler und dann im Orbel schon fast kalt. Hier wird Weinbau im T-Shirt und kurzen Hosen körperlich spürbar.
Die Lese
In diesem Jahr haben wir unseren Hipping am Ende der Lese geerntet, das Kernstück dabei am 04.10.2018 und den Steilhang am 05.10.2018. Wie bei allen anderen unserer Parzellen auch, waren dies, bedingt durch den Hitzejahrjahrgang 2018, zwei Wochen früher als normal.
In Jahrgang 2018 betrug das Mostgewicht im Steilhang 90,0°Oe und im Kernstück 96,1°Oe. Normalerweise zeichnen sich Steilhänge durch tendenziell höhere Mostgewichte aus, aber hier zeigt sich am Mostgewicht ein interessanter Aspekt im Weinbau. Während die Zunahme an Mostgewicht gut mit der Temperatur korreliert, tritt bei großer Hitze der Effekt auf, dass sich der Rebstock vor zu starkem Flüssigkeitsverlust dadurch schützt, das er seine Arbeit, d.h. die Photosynthese, einstellt und alles „dicht macht“, was zur Verdunstung führen kann. Dadurch findet bei großer Hitze keine Zunahme des Mostgewichtes statt. Und da unser Steilhang noch einmal ein gutes Stück wärmer als unser Kernstück ist, sieht man den Photosynthesestopp deutlich am niedrigeren Mostgewicht im Vergleich zum Kernstück.
Durch den Photosynthesestopp nimmt auch die Säure im Reifeprozess nicht so stark ab und der Steilhang zeigt deshalb mit 6,2 g/l eine höhere Säure als das Kernstück mit 5,2 g/l. Das Weinsäure / Apfelsäureverhältnis betrug im Steilhang 2,46 und im Kernstück bei 1,89 d.h. es ist mehr „weiche“ Weinsäure als „harte“ Apfelsäure vorhanden. Das ist sehr gut für die Struktur und die Ausgewogenheit des Weines.
Wie der Teufelskopf und der Orbel, hat der fertige Wein mit einer Gesamtsäure von 7,0 g/l mehr Säure wie die einzelnen Moste aus Kernstück und Steilhang. Auch hat der Wein mit 13,3 % wieder mehr Alkohol als er nach der Mostanalyse haben sollte, obwohl wir den Wein nicht chaptalisiert oder luzifiziert haben (hochwissenschaftlich-önologische Erklärung: Luzifizierung = Verschnitt eines Weines mit Teufelskopf). Manchmal sind Analysewerte einfach mirakulös.
Die Gärung
Nachdem wir – wie bei uns üblich – den Most für ca. einen Monat, heruntergekühlt mit Trockeneis, bei ca. 3°C auf die Stabulation gelegt haben, haben wir durch das Weglassen der Trockeneiszugabe die Gärung eingeleitet. Wir lassen die Weine dabei spontan angären und wenn sie anfangen zu böchsern, geben wir Reinzuchthefe dazu (zu den einzelnen Hefestämmen später mehr). Die Gärung selbst findet bei uns im Freien statt, d.h. unsere Fässer stehen während des kompletten Winters draußen. Das führt zum einen dazu, dass bei einem kalten Winter die Gärung wesentlich langsamer vonstatten geht, wie in einem warmen Winter – und wir damit auch wieder den Jahrgang abbilden – und zum anderen, dass wir sehr lange Gärzeiten erreichen, da die Gärung in der Regel erst im Sommer des nächsten Jahres abgeschlossen ist. Lange Gärzeiten resultieren in der Regel in komplexeren und strukturierteren Weinen und unsere Art zu vergären scheint, wie wir inzwischen gelernt haben, diesen Effekt noch einmal zu verstärken.
Die Weinwerdung
In der Weinbereitung 2018 haben wir unsere Innovationsschraube noch einmal eine Umdrehung weitergedreht. Beim Hipping haben wir – analog zum Orbel und zum Ölberg – dabei aber nicht, wie beim Teufelskopf, mit gebrauchten Rotweinfässer experimentiert. Wir haben nur unseren Versuch, alle unsere fünf Einzellagen in jeweils einem 300 Liter HT (High Toast) Barrique auszubauen, durchgeführt.
Für den Versuch haben wir auf Fässer unserer Haustonnellerie Hösch in Hackenheim bei Bad Kreuznach zurückgegriffen. Wir schätzten einfach die unaufgeregte Art dort, die mit hoher Fertigungspräsentation und extremer Qualität des eingesetzten Holzes verbunden ist. Wir haben hierfür ein Mondphasen-Holz aus Taunus-Eiche ausgesucht, vielleicht weil Taunus-Eiche noch besser zu uns passt als Johanniskreuz (Pfälzer Eiche), aber vielleicht auch nur, weil hier wieder unsere Affinität zum Rheingau durchgeschlagen hat.
In 2018 haben wir auch ein neues Halbstückfass von Hösch für unseren Hipping angeschafft, für den wir nun zwei Halbstückfässer unser Eigen nennen. Wir sehen das allerdings nicht als Versuch, sondern nur als Erweiterung unserer Holzkapazität, da wir dieselbe Qualität – also heimische Trauben- und Stieleiche MT+ getoasted – wie in 2016 geordert haben. Es zeigt sich allerdings, dass sich dieses HS-6 genannte Fass anders verhält als die „eigentlich“ baugleichen Halbstückfässer aus 2016 und – wenn wir ehrlich sind – mögen wir die alte Charakteristik lieber. Dies zeigt wieder einmal, dass man sich auf gar nichts verlassen kann und wir für unsere Fässer auf eigenes Holz zurückgreifen sollten. Und schon hätten wir wieder ein neues Projekt. Aber der Weg vom gefällten Baum bis zum fertigen Halbstückfass dauert fünf Jahre und verlangt eine nennenswerte Kapitalbindung. Also müssen wir ein solches Projekt noch ein wenig aufschieben.
Bei unserem Versuch mit den 300 l Barriques haben wir nach dem spontanen angären die „schlimme“ Aromahefe Exotic eingesetzt. Wenn bei dem einen oder anderen von Ihnen der Begriff „Simi White“ klingelt – ja genau da sind wir und vielleicht ist die Exotic noch ein wenig extremer. In Verbindung mit dem direkt, d.h. ohne Wässerung, oder andere Vorbehandlungen befüllten HT-Barrique, kann man sich auf jeden Fall nicht weiter von der gängigen Lehrmeinung, wie Riesling auszubauen wäre, entfernen, ohne den Pfad der Seriosität zu verlassen.
Alle denen, die meinen, wir hätten jetzt mit der quietschig-vollfruchtig-bonbonartigen Weiße-Kuschelhäschen-Reinzuchthefe Exotic völlig den Verstand verloren, entgegnen wir, dass Riesling in Grand Cru Dimension vieles wegsteckt, alles ausprobiert werden muss und wir hier ein sehr spannendes Ergebnis erzielt haben. Merklicher Toast, Weihrauch und andere mystische Noten sowie spürbares, noch nicht aufgelöstes Holztannin. Wenn wir das Fass nicht für die finale Assemblage benötigen würden, würden wir es einfach 24 Monate reifen lassen und dann solo abfüllen. Der Hipping mit seiner Exotik, Fülle und Cremigkeit spielt dann nochmals anders mit dem neuen Holz, als die anderen Lagen. Wir mögen diesen „brutalen Holzhammer“ sehr, aber man muss aufpassen, dass man nicht ein önologisches Monster erschafft. Parker hat einmal den Begriff „Godzilla on Steroids“ – er bezog sich, wie wir glauben, auf einem Wein von Randy Dunn – für solche Weine kreiert. Oder fünf F (FFFFF) auf der fünfeffigen Umpff-Skala eben. Auf jeden Fall hat sich der Versuch durch die doch (sehr) unterschiedlichen Ergebnisse wirklich gelohnt.
Bei den anderen Fässern haben wir dann hauptsächlich die „konventionelle“ Heiligenstein als Hefe eingesetzt. Die Heilgenstein entwickelt eine Geschmackskomponenten als ob man einen heißen Ziegelstein bei 50 Grad Außentemperatur im Steilhang mit einem Krug Wasser übergießt. Eine ganz warme und harmonische, sehr angenehme, aber auch präzise, rotfarbene Mineralität. Als Vergleichshefe haben wir diesmal mit GHM gearbeitet. Die GHM (früher einmal als GHM-238 bekannt) wurde von der Forschungsanstalt der Universität Geisenheim selektiert und ist der Heiligenstein nicht unähnlich, vielleicht etwas neutraler. Es zeigt sich, dass der Unterschied zur Heiligenstein nicht groß genug ist, um beide Hefen weiterzuverwenden. Die unterschiedlichen Hefen, die wir immer einsetzen, sollen ja zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, um so in der finalen Assemblage für Komplexität zu sorgen.
Alles in allem sind wir mit den Ergebnissen unserer Experimente im Jahrgang 2018 sehr zufrieden, wenngleich es uns auch ein wenig traurig macht, da wir die Grenzen des sinnvoll Machbaren nun ausgelotet haben. Aber vielleicht fällt uns ja gemäß unseres Mottos „to boldy go, where no man has gone before“ noch etwas ein, was wir ausprobieren können.
Gestoppt haben wir die Fässer im Mai und Juni 2019. Die Gärzeit betrug damit sieben bzw. acht Monate.
Assemblage und Füllung
Die finale Assemblage unseres Hippings 2018 besteht aus 600 l Hösch Halbstück MT+ 2016 (unser „altes“ Hipping-Halbstück, das wir in jedem Jahr mit Hipping befüllen), 600 l Hösch Halbstück MT+ 2018 (unser neues Hipping-Halbstück), 2 x 225 l Seguin Moreau 2012 (2 x vorbelegt mit Sauternes), 110 l Seguin Moreau 2015 (vorbelegt mit AlfWein Scheurebe Ultra) und dem 300 l Hösch Taunuseiche HT 2018 (Neu). Eine Stahltank-Komponente haben wir beim Hipping nicht verwendet.
Wir haben den Wein am 10.12.2019 abgefüllt und seitdem reift er in der Flasche. Mit dem Jahrgang 2018 habe wir unser Ziel erreicht, unsere Weine erst drei Jahre nach der Ernte auf den Markt zu bringen, also mit einem Jahr Fassreife und zwei weiteren Jahren Reife auf der Flasche. Speziell beim Jahrgang 2018 hat sich gezeigt, wie vorteilhaft dieses Vorgehen ist. Die Weine waren lange Zeit extrem verschlossen und beginnen sich erst seit einem halben Jahr ganz langsam zu öffnen.
Als Verschluss verwenden wir Naturkorken von Amorim, die mit der ND-Tech-Technologie, im Fertigungsprozess noch einmal mit einem Massenspektrometer auf TCA (Trichloranisol; also dem Stoff der den Korkschmecker verursacht) untersucht wird. Prinzipiell würden wir uns auch gerne dem Thema Schraubverschluss nähern, aber wir sind mit unserer Ausstattung mit Naturkork und Wachskapsel sehr zufrieden und irgendwie passt Grand Cru und der Ratsch beim Öffnen eines Schraubverschlusses nicht zusammen. Und glücklicherweise zeigen die ND-Tech-Korken auch einen großen Fortschritt in Sachen Korkquote.
Kapselfarbe
An der Farbe unserer Wachskapsel können Sie auch immer die jeweilige Einzellage erkennen. Da die Kapselfarbe den Charakter des Weines widerspiegeln soll, ist Gelb – unser Imperial Yellow – für unseren Hipping mit seinen Noten nach Kurkuma und gelben Gewürzen ein Muss. Nur mit der Auswahl des Gelbtones haben wir ein wenig gebraucht. Das Rapsgelb aus dem Standardprogram unseres Wachslieferanten UDIG, mit dem wir gestartet sind, war etwas zu Orange und das Pantone Yellow C, das wir zwischenzeitlich verwendet haben, etwas zu Quietsche-Gelb. Gelandet sind wir aktuell bei Pantone 166 C – und damit auch zufrieden – aber wer weiß, ob uns in Zukunft nicht wieder einmal die Experimentierfreude packt.
Produktionsmenge & Analysedaten
Abschließend noch die wichtigsten Daten:
Gesamtproduktion: 2.780 Flaschen
Alkohol: 13,3 %
Restzucker: 4,4 g/l
Säure: 7,0 g/l