Unser Jahrgang 2018
Mit diesem Post möchten wir die Berichterstattung über unseren Jahrgang 2018 beginnen. 2018 wird in der Presse vielfach als Jahrhundertjahrgang gehandelt, aber wir waren lange Zeit nicht sicher, ob der ganze Weihrauch, der unsere Nasen umweht, auch wirklich gerechtfertigt ist.
Sicherlich war 2018, wie 2003 auch, ein Jahr mit extrem viel Sonne, sehr heiß und trocken. Sonne ist ja nun in der Vegetationsperiode etwas sehr Gutes, nur wenn es zu heiß und trocken wird, treten zwei Effekte auf. Zum einen stellt die Rebe bei zu viel Hitze den Reifungsprozess ein, um sich selbst zu schützen. Bei wunderschönem Wetter findet dann keine physiologische Entwicklung der Trauben mehr statt und speziell in Jahren mit spätem Austrieb und schlechtem Wetter im Herbst, lässt die physiologische Reife stark zu wünschen übrig. Im schlimmsten Fall kommt dann auch noch Sonnenbrand mit seinen charakteristischen Bitternoten im daraus resultierenden Wein dazu. Zum anderen kommt durch die Trockenheit die Wasserversorgung der Reben ins Stocken. Die Photosyntheseleistung sinkt und eine Einlagerung von Mineralstoffen in die Trauben wird reduziert. In diesem Fall vertrocknet die Rebe und stirbt.
Beide Effekte führen dazu, dass in Sommern, die landläufig als optimal angesehen werden, Weine entstehen können, die eher dünn und aromatisch eindimensional daherkommen. Im Jahrgang 2003 kam dann auch noch eine außergewöhnlich niedrige Säure dazu, die den Weinen ein breites, wallendes und lebloses Erscheinungsbild verpasst hat.
Bei uns hielten sich die Probleme Gottseidank in Grenzen. Nur bei unserem Jungfeld mussten wir die Trauben vor der Ernte abschneiden, um die Rebstöcke zu entlasten. Damit mussten wir uns schweren Herzens von unserem Jungfernjahrgang Pinot Noir verabschieden, den wir mit aller Gewalt auf die Flasche bringen wollten. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass wir die Trauben viel eher hätten abschneiden sollen. Die jungen Rebstöcke haben ganz schön die Ohren hängen lassen. Glücklicherweise haben sie sich mit den ersten Regenfällen aber wieder gut erholt. Und jetzt, nach dem Austrieb am 15.04.2019, steht der Weinberg fett und grün. Das erleichtert uns sehr.
Hitze und Trockenheit
Unsere anderen Weinberge waren von Hitze und Trockenheit erstaunlich unbeeinflusst. Sie sind mit alten Reben bestockt, die tief wurzeln und denen die Hitze nicht so viel anhaben kann. Dennoch waren wir über das Erscheinungsbild unserer Rebberge sehr erfreut. Denn die Theorie ist das eine und die Praxis manchmal etwas ganz anderes. Auch waren wir uns nicht sicher, ob die durchgängige Begrünung, speziell in den Steilhängen im Hipping und Pettenthal, dem Boden nicht doch zu viel Feuchtigkeit entziehen würde und es besser gewesen wäre, zumindest jede zweite Zeile aufzubrechen, um so auch die Kapillaren zu zerstören, die zu verstärkter Verdunstung führen. Ich werde in einem der folgenden Posts noch näher auf dieses Thema eingehen, aber die eindeutige Antwort in Kurzform ist: Wir haben es genau richtig gemacht.
Wie auch immer. Auch wenn das optische Erscheinungsbild unserer Rebberge, trotz der widrigen Randbedingungen, hervorragend war, hätte die Mineralstoffeinlagerung, auch bei alten Reben, in großer Hitze und Trockenheit trotzdem gestört sein können. Wir hatten deshalb die Befürchtung, dass es unseren Weinen ein wenig an Extrakt mangeln könnte und wir im Jahrgang 2018 vielleicht eher leichtere Exemplare bekämen. Bei manchen Wein aus 2018, den ich bisher verkostet habe, ist dies sicherlich auch der Fall. Aber nachdem wir unsere Weine sensorisch nun über ein halbes Jahr begleitet und die ersten Analysewerte gesehen haben, sind wir außergewöhnlich beruhigt.
Aber beginnen wir am Anfang
Während der Frühwinter noch relativ feucht war, begannen die Niederschläge bereits ab Februar 2018 unter ihr langjähriges Mittel abzutauchen. Einem extrem warmen Januar folgte ein kühler Februar und März. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir schon, dass wir eine späte Ernte bekommen würden. Aber im April wurde es mit fünf Grad über dem langjährigen Mittel wieder sehr warm. Die Natur explodierte förmlich. Der Austrieb erfolgte am 19.04.2018 noch einen Tag später als im 15-Jahres-Schnitt. Aber das Wachstum der Rebstöcke danach war unglaublich. Selten haben wir in so kurzer Zeit solche Fortschritte gesehen. Beim Blühbeginn am 18.05.2018 notierten wir bereits einen Vorsprung von mehr als einer Woche zum 15-Jahres-Schnitt (06. Juni), der sich bis zum Erreichen der Erbsengröße am 13.06.2018 auf mehr als zwei Wochen ausgebaut hatte.
Auch wenn es danach immer sonniger wurde, stagnierte die Vegetation aufgrund der Wasserknappheit. Hätte es in dieser Zeit etwas mehr geregnet, könnten wir von einem idealen Jahr sprechen. So aber bereitete uns die Trockenheit immer mehr Kopfzerbrechen. Wie geschildert, haben unsere Weinberge, mit ihren alten, tiefwurzelnden Reben, die Trockenheit aber wesentlich besser als erwartet weggesteckt.
Da sich ab Anfang September nicht mehr viel in den Weinbergen getan hat und auch weit und breit kein Regen in Sicht war, war die Bestimmung des optimalen Lesezeitpunktes keine wirkliche Herausforderung. Wir haben zwischen dem 24.09. und 05.10.2018 bei idealem Wetter gelesen. Die Menge war reichlich und die Qualität außergewöhnlich. Die Mostgewichte lagen in einer Bandbreite von 88–98°Oe und damit niedriger als befürchtet. Wir finden dies deswegen gut, da wir keine Freunde von hohen Mostgewichten sind, die nur zu hohem Alkohol und Balanceproblemen führen. Mehr als 13% Alkohol braucht ein Riesling nicht und Ausreißer nach oben sollten auf Einzelfälle beschränkt bleiben.
Der Jahrgang 2018 kommt in Form
Inzwischen befinden sich alle Partien entweder in der ausklingenden Gärung bzw. sind schon gestoppt. Sie geben zu den größten Erwartungen Anlass. Wenn wir nicht noch etwas vermurksen, wovon wir nicht ausgehen, wird es ein großer Jahrgang 2018 werden. Einige Gebinde gehören sogar zum Besten, was wir bisher probiert haben.
Sollten Sie sich wundern, warum die Gärung bei uns so lange dauert: Wir vergären nicht im Keller, sondern draußen bei uns am Hof. Denn wir wollen den Jahrgang 2018 bestmöglich abbilden. Die Temperatur halten wir während der Gärphase dabei für ein wichtiges Kriterium, das die Charakteristik und Qualität des Wein beeinflusst. Im Winter, bei Außentemperaturen von teilweise unter null Grad, findet die Gärung sehr langsam statt und stoppt bei sehr niedrigen Temperaturen ganz.
Auf der anderen Seite haben wir in der letzten Woche bei Temperaturen von deutlich über 30°C doch ein wenig Magenschmerzen gehabt, dass es nicht zu warm ist. Die Weine sind aber noch erstaunlich kühl und brauchen die warme Witterung, um Ihre Gärphase nun kontrolliert abzuschließen. Wir haben hier unsere eigene – vielleicht extreme – Philosophie, die ich an dieser Stelle nur kurz anreißen wollte. In einem der folgenden Posts werde ich aber noch einmal ausführlicher zu diesem Thema Stellung nehmen.
Das Foto zu Beginn dieses Posts zeigt all unsere Schätzchen aus dem Jahrgang 2018 in voller Schönheit. Wir freuen uns schon, wenn wir nur das Bild sehen. Wenn wir allerdings beim Verkosten zwischen den Fässern stehen, geht uns das Herz noch mehr auf, denn dann haben wir auch noch das Aroma der neuen Fässer in der Nase und können nach Herzenslust hier und da und dort eine Probe ziehen, von denen eine besser ist als die andere. Und dann fühlen wir uns zu Hause.
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