Einige Gedanken zur Erosion
Zum Los eines Selbstständigen gehört es ja leider, nicht wirklich viel Urlaub zu haben. Bei mir beschränkt er sich normalerweise auf eine Woche im Jahr. Die nutze ich dazu mit guten Freunden auf Weinreise zu gehen und in jedem Jahr ein anderes Weinanbaugebiet und die Restaurants dort unsicher zu machen. Wir sind jetzt schon seit vielen Jahren unterwegs. Nun muss ich gestehen, dass das mit jedem Jahr ein anderes Weinanbaugebiet nicht mehr so richtig funktioniert. Im Prinzip handelt es sich nur um eine Handvoll Gebiete. Und in einem davon, an der Nordrhône, waren wir dieses Jahr wieder einmal. Ich möchte jedoch nicht von dieser Reise berichten. Vielleicht ergibt sich dazu ja einmal an anderer Stelle die Gelegenheit. Vielmehr möchte ich die faszinierenden Steilhänge dort zum Anlass nehmen, einmal über das Thema Erosion bei uns in Nierstein nachzudenken.
An der Côte-Rôtie, dem Hermitage-Hügel über Tain und in Cornas, als den drei wichtigsten Kernzonen an der Nordrhône, muss man sich doch des Öfteren massiv ärgern, wenn man durch die Weinberge klettert. Denn manches ist dort tot, tot und nochmals tot. Und selbst bei biologisch arbeitenden Betrieben ist maximal der Unterstockbereich und die Vordergewanne begrünt. Aber die Zeilen sind aufgebrochen und blanke Erde. Jetzt ist es nicht so, dass die aus mangelnder Achtung vor der Natur geschieht sondern die Begrünung wegen der brutalen Hitze im Sommer dort entfernt wird, die sonst den Rebstöcken das letzte Wasser entziehen würde. Ferner werden durch die Bodenbearbeitung die Kapillaren zerstört, die aus den tieferen Erdschichten das Wasser zur Oberfläche führen, wo es dann verdunsten würde.
Ich habe mit allen Winzern, die wir besucht haben, das Thema Erosion intensiv diskutiert. Auch um zu sehen, ob dies nur gängige Lehrmeinung ist oder wirklich den tieferen Sinn hat, den es haben sollte. Irgendwie bin ich aber zu keinem Ergebnis gekommen. Die wenigen begrünten Parzellen in den Steilhängen haben auch eher kümmerlich denn gesund und voller Energie ausgeschaut, sodass ich eher der Meinung bin, dass das das haben wir schon immer so gemacht möglicherweise doch seine Daseinsberechtigung hat. Auch wenn es mir den Magen umdreht das sagen zu müssen: Ein „das haben wir schon immer so gemacht“ birgt in der Regel nämlich ein enormes Verbesserungspotenzial. Wahrscheinlich hätte ich aber auch in den Steilhängen der Nordrhône einmal die Begrünung stehen gelassen. Dann wäre von allen als Volltrottel angesehen worden und hätte sie im nächsten Jahr dann wieder umgebrochen. Aber sei’s drum.
Warum erzähle ich das alles? In Nierstein überlegen wir ständig, was den die optimale Bearbeitung unserer Steilhänge sein mag um der Erosion vorzubeugen. Das ist wichtig, denn wir haben fast genauso viele Steilhänge wie Parzellen mit normaler Steigung. Flache Parzellen haben wir gar nicht.
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